11/06/2014

Hände

Beim Vorbereiten eines Workshops für Erzieherinnen bin ich auf eine Hausaufgabe aus dem Pikler-Grundkurs gestoßen, den ich bei Anna Czimmek in Stuttgart besucht habe.

 

Händetagebuch  

Dienstag, 18. 1. 2011 18.30 Uhr Ringvorlesung JLU Gießen

Ich sitze in der Vorlesung und habe meinen Kopf in meine linke Hand gelegt. Der Handballen dient dem linken Wangenknochen als Stütze. Die Finger liegen lose an der Kopfhaut, meine Haare fallen locker dazwischen. Meine Hand ist warm und die Fingerspitzen kribbeln angenehm aus der Berührung mit meinen Haaren.


Dienstag, 25. 1. 2011 12. Uhr Abteilungssitzung

Meine Hände sind „mittelwarm“ und fühlen sich kühl und trocken an, Am Mittelfinger der linken Hand habe ich am Mittelgelenk eine Brandwunde, die 2 Tage alt  ist und langsam heilt. Mein Daumen fährt über die anderen Fingerspitzen, das löst ein warmes wohliges Gefühl aus, die Fingerspitzen fühlen sich warm und zart an. Die Wunde pulsiert sanft, ich spüre die Verletzung.



Dienstag, 1. 2.2011 6.30 Uhr zuhause im Bett

Kurz nach dem aufwachen. Meine Hände sind noch schlaff und kraftlos. Es ist anstrengend, sie zu bewegen. Jeder Finger kribbelt ganz sangt, als ich beginne sie zu bewegen, ich fühle wie Kraft meinen Körper durchströmt, wenn ich mich strecke – wohlig endet sie in meinen immer wärmer werdenden Fingern.



Dienstag, 8. 3. 2011 7.00 Uhr zuhause

Ich komme aus der Dusche und trockne mich ab. Anschließend creme ich meinen Körper mit Bodylotion ein. Die Lotion ist kalt, meine sind Warm, daraus ergibt sich auf meiner Haut an Armen und Beinen ein angenehmes Gefühl, wenn ich mit meinen Händen über die Körperteile streichle. Meine Hände passen sich dabei meinem Körper an und hinterlassen ein warmes Gefühl. Die Handflächen fühlen sich glatt und sangt, die Fingerspitzen reagieren sensibel auf die Berührung mit dem Körper

Wir sollten unsere Hände beobachten, wie sie sich anfühlen, in unterschiedlichen Situationen unseres Alltags. Es ging darum, bewusst die Aufmerksamkeit darauf zu richten, da die Hände im Umgang mit Kindern genauso so Kommunikationsmittel sind wie unsere verbale und körperliche Sprache. Doch wir sind es in der Regel nicht gewohnt, so etwas Alltäglichem wie unseren Händen Aufmerksamkeit zu schenken. Die Art und Weise wie wir Kinder oder andere Erwachsene berühren, vermittelt ihnen entweder ein wohliges, angenehmes Gefühl oder ein unangenehmes, verstörendes Erlebnis. Auch beim Anfasser und Berührer hinterlässt die Qualiät in der Kontakt durch die Hände zu einem anderen Menschen aufgebaut wird Spuren. Es sollte also das Ziel sein, sich seiner Hände bewusst zu sein, für sich selbst und für die Menschen, mit denen man in diesen Körper-Kontakt tritt. Kinder können sich der sensiblen, achtsamen Hand z.B. bei der Pflege übergeben, wenn sie wissen, dass sie nach ihren Vorlieben und unter der Beachtung ihrer Reaktionen angefasst und behandelt werden. Dann wird das Wickeln und Anziehen zu einem für das Kind angehmes Erlebnis, bei dem es gerne mitarbeitet und es genießt und seinen Körper als etwas Positives erleben kann. Anders, wenn die Sprache der Hände die Signale des Kindes ignoriert, nicht sensibel dafür ist, ob das Kind warme oder kühle Hände bevorzugt oder einfach Kleidung überstreift, Arme nimmt und hält ohne dem Kind zu ermöglichen, mitzuhelfen. Im besten Fall reagiert das Kind mit Revolte, weil es damit zeigt: "Es gefällt mir nicht, wie du mich anfasst". Im schlimmsten Fall wird das Kind passiv und lässt alles mit sich geschehen. Auf den ersten Blick erscheint das dann als brav, aber das Kind nur gelernt, dass es nicht wertvoll genug ist, liebevoll und achtsam angefasst zu werden.

Anna Tardos: Von den Händen der Pflegerin in Pikler: Miteinander vertraut werden. 2008, S. 91-98

"Die Art, wie der Erwachsene mit dem Kind umgeht, vermittelt ihm viele Botschaften. So sind rasche, harte Bewegungen gleichzeitig Vermittler von Unaufmerksamkeit, Ungeduld, manchmal auch Gleichgültigkeit und drücken kein Mitgefühl aus. Solche Erlebnisse behindern eher die Entstehung einer Beziehung."

"Es hilft einem Erwachsenen, dem Kind angemessen zu begegnen, wenn er diese Äußerungen des Kindes mit Interesse und antwortbereit wahrnimmt. Zu dieser Aufmerksamkeit gehört es auch, daß der Erwachsene nicht nur mit Augen und Ohren, sondern das Kind auch mit seinen Händen wahrnimmt." 


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