10/31/2014

Anteilnahme



In unterschiedlichen Bereichen meines Lebens bin ich gerade mit dem Thema „Anteilnahme“ beschäftigt. 

Die Kleine Dame läuft, sie hat das Krabbeln hinter sich gelassen und läuft. Sie dreht Runden durch unsere Wohnung, durch die Krippe und heute ist sie zum ersten Mal von der Krippe bis zum Auto gelaufen. Sie strengt sich an, zeigt Unmut, wenn sie das Gleichgewicht verliert und auf dem Bauch oder Po landet (was dann passiert, wenn sie müde ist). Sie ist stolz auf sich selbst und macht unmissverständlich darauf aufmerksam, dass sie gesehen werden will, bei dem was sie tut. Ich gehe darauf ein, spreche, nehme es an, das sie nur laufen will und lasse sie. Ich freue mich mit ihr und über ihre Beweglichkeit und Zielstrebigkeit, kurz ich nehme Anteil, bin ein Teil von dem was sie tut ohne sie zu lenken oder zu leiten. 

Meine Eltern leben beide weit weg. Ich vermisse sie sehr. Und ich trauere darum, dass sie nicht mehr Oma und Opa sein können, als es die Distanz zulässt, dass sie nicht mehr Anteil nehmen können an unserem Leben, an der Freude, die wir erleben, aber auch an den Themen, die uns beschäftige, über die wir nachdenken, die uns schwer fallen. Doch wie mir diese Woche bewusst gemacht wurde, ist das eine einseitige Perspektive. Denn meine Eltern arbeiten beide in sehr zeitintensiven Jobs, engagieren sich politisch und gesellschaftlich. Auch sie haben ein Interesse daran, dass ich ein Teil davon bin, mich interessiere, nachfrage, aufmerksam bin. Wir haben das Bedürfnis daran, wahrgenommen zu werden von den Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen und stoßen dabei an die Grenzen dessen, was leistbar ist über die Distanz und das Eingebundensein in die Verbindlichkeiten des eigenen Alltags. 

Eine liebe Freundin ist in einer schwierigen Situation, die sie und ihre Familie betrifft. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die moralisch schwierig sind und angewendet auf die Familienrealität noch diffiziler. Es ist sichtbar und fühlbar für mich, dass sie mehr braucht, als nur das Erleben, dass ich an ihrem Leben Anteil nehme. Doch sie lässt es nicht zu, ist stark. Es ist schwer auszuhalten, doch auch das macht Anteilnahme aus: sensibel zu sein und zu akzeptieren.

Anteilnahme bedeutet so viel wie innere Beteiligung und Mitgefühl. Für mich geht es über die Empathie hinaus, auch darum, aus dem Mitgefühl heraus zu handeln und zwar der Situation und der Beziehung angemessen. Nicht nebeneinander her, sondern auch über Distanz, sondern am Leben der Anderen Teil haben und auch ein Teil davon sein, das wünsch ich mir.

1 Kommentar:

  1. Liebe Katharina,
    das hast Du wunderschön geschrieben und ich kann Dich so gut verstehen, denn es spricht mir aus dem Herzen und geht mir ganz genau so.
    Alles Liebe - auch für Deine Freundin.

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